Missverständnisse auf der Meta-Ebene

So memorable sei unser Date ja wohl nicht gewesen, sagt er – nach einer Erklärung dazu, warum er mir entfolgt ist. Weil ich ja noch nichts drüber geschrieben hätte. Immerhin hätte ich es mit einem der Adjektive von „gut“ oder „schlecht“ bedacht, in meinem Text am Freitag.

Er solle mich doch bitte nicht hetzen, sage ich. Ich sei noch ganz schön hinterher mit dem Schreiben und wie es weiterginge, könne er sich aussuchen. Zwinker, zwinker.

Das führt dann dazu, dass er mir erklärt, dass das als Date „offenbar nicht wirklich funktioniert“ habe. Er hätte aber wirklich eine sehr gute Zeit gehabt, möge meine abgeklärt-sarkastische Art und ich sei sympathisch, intelligent, witzig und attraktiv.

Ihr könnt euch vorstellen, dass es mit einem ABER weiterging, oder?

Mittlerweile kriege ich schon leichte Beklemmungen, wenn ich sowas lese wie „du bist so toll……“, weil ich immer auf das ABER warte. Und das ABER kommt immer.

Normalerweise ist das ABER ein diffuser Hinweis auf den berühmten Funken, der nirgendwohin gesprungen sei. Gut, ich frage mich immer auch, was da nach einem Date so springen soll, das passiert bei mir nicht, aber gut.

Er offeriert, dass man sich ja freundschaftlich treffen könnte und dann nicht überlegen müsse, ob am Ende noch „Rummachen an einer dunklen Straßenecke“ im Programm stünde.

Was? Wo? Weil wir uns an einer dunklen Straßenecke verabschiedet hatten? Wirft er mir grad vor, dass wir nicht rumgemacht haben? Oder hätte er einfach nicht rummachen wollen von wegen Funken und so?

Sehr verwirrend.

Ich danke ihm für die Ehrlichkeit und frage, wieso es denn seiner Meinung nach nicht funktioniert habe.

Man könne das nicht vom Reißbrett her planen, sagt er. Dass ich jetzt so kurz angebunden geantwortet habe, zeige ihm, dass wir uns da offenbar nicht so einig gewesen seien, wie er das wahrgenommen hatte, das Date.

WAIT. WIR waren uns nicht einig darin, wie DU das wahrgenommen hattest? Merkste selbst, ne? Er war mir eigentlich sehr schlau vorgekommen, das Schließen von der eigenen Wahrnehmung auf die Wahrnehmung anderer ist dagegen ein weniger schlauer Move.

Als Dating-Partner und als Mann scheine ich ihn vollkommen uninteressant gefunden zu haben, sagt er. Grundsätzlich ein interessanter Hinweis, denn woran das liegt? Keine Ahnung.

Again, DEINE Wahrnehmung. Und was ist das für eine verworrene Kommunikation. Du sagst mir, du willst mich nicht daten, weil du davon ausgehst, dass ich dich nicht daten will? Also entscheidest du, auf meine Entscheidung vorauszugreifen?

Vielleicht habe ich Pech gehabt in der Liebe, aber was hast du denn gehabt? Wenn du so schnell aufgibst und anscheinend diverse Langzeitbeziehungen hattest, dann war da anscheinend eine Menge Glück im Spiel. Oder sind dir die Frauen immer beim ersten Date vor Glück um den Hals gefallen?

Soll ich dir mit dem nackten Hintern ins Gesicht springen, oder was wäre da vielleicht ein Zeichen, dass ich dich als Dating-Partner interessant gefunden hätte?

Und das so zu sagen, von hinten durch die Brust ins Auge – ich hab einige Freundinnen, denen ich sowas zutrauen würde – und denen ich dringend davon abraten würde, so ein Drama zu veranstalten.

Aber wenn meine Freundin das gleiche getan hätte wie er jetzt, würde ich sie auch fragen, ob sie noch alle auf dem Christbaum hat. „Bäh, jetzt sag mir sofort, dass ich heiß bin, sonst rede ich nicht mehr mit dir.“

Sollte gerade ICH mich über das Zurschaustellen von krasser Unsicherheit hier auslassen? Oder, wie eine Freundin sagte, Marla, du hast kein Patent auf diese Issues.

Habe ich nicht, das stimmt. Wenn er mich vorsorglich absäge, weil er denkt, dass ich ihn nicht mag, dann hätten wir uns eigentlich gegenseitig verdient, sagte die Freundin.

Sie rät mir, ihn sofort anzurufen und zu sagen, das sei doch gar nicht so gewesen. „Zum einen hat er dir geschrieben, dass er dich auf verschiedenen Ebenen voll gut findet. Dass du dich abgelehnt fühlst, liegt bei dir, nicht bei ihm.“ Nein, das sehe ich halt nicht so. Ich will dich nicht daten, heißt, ich will dich nicht daten. How ist das keine Ablehnung? Das ist eine ganz klare Ablehnung.

Anrufen klingt irgendwie vernünftig und irgendwie aber auch übergriffig heutzutage, wer ruft schon Menschen an, die er nicht wirklich kennt.

Aber es klingt auch so, als wollte er mich genau dazu bewegen. Erst sagt er, er will mich nicht daten, dann sage ich: Oh bitte, doch, doch! Und bettel….NEIN.

Ich weiß auch gar nicht mehr so richtig, was ich dazu dann sagen soll. Es ist Samstag mittlerweile, ich überlege noch, ob ich da noch was zu sagen soll – irgendwie bleibt ein fader Geschmack im Mund.

Anrufen wäre insofern wahrscheinlich schlau, weil es ja irgendeine Form von Missverständnis zu geben scheint. Oder halt nicht. Keine Ahnung, ich bin auch unterwegs mit Freunden.

Abends komme ich wieder und schreibe ihm doch nochmal, einfach nur, dass ich überhaupt nicht weiß, was ich da jetzt eigentlich mit anfangen soll. Dass ich Sonntag wirklich eine gute Zeit hatte und mich gefreut hätte, ihn nochmal wiederzutreffen. Ob es an der Meta-Ebene mit dem Blog lag, dass es jetzt so schwierig wurde?

Ja, daran habe es gelegen, sagt er. Er hätte sich gedacht, wenn der Funke überspringt, dann gut. Aber der sei wohl nicht gesprungen und da er meine ganzen negativen Erfahrungen kenne, wollte er mir nicht zumuten, dass es ein längeres Kennenlernen über mehrere Dates gibt, aus dem dann doch nichts wird.

Ok, dann lag der Hase wohl doch beim Funken im Pfeffer. Das Übliche, also.

Und auf mein angeblich mangelndes Interesse kommt er WIEDER zurück. Das hätte sich ja auch darin gezeigt, dass ich ihm erst ein paar Tage nach dem Date geschrieben hätte.

Wow. Fast vierzig, gestandener Mann mit richtigem Job und dem ganzen Scheiß und hat sein Dating-Know-How aus der Cosmopolitan.

Vielleicht schickst mir demnächst mal den Artikel dazu, weil irgendwer hat ja anscheinend festgelegt, wann Frau sich zu melden hat, damit sie dich als Mann attraktiv findet.

Newsflash: Wenn ich dich nicht attraktiv gefunden hätte, hätte ich mich GAR nicht wieder gemeldet. Ok, es gab deine Post-Date-Nachricht. Darauf hätte ich wahrscheinlich am nächsten Tag geantwortet, sorry, aber ist nicht.

Deswegen gehen die meisten Dates ja auch unter und kommen hier nicht vor, man trifft sich, man geht wieder, man hört nie wieder voneinander.

Warum hätte ich mich sonst melden sollen?

Aber wenn der Funke eh nicht übersprang und du dann lieber entschieden hast, meine Nerven zu schonen und mir kein Kennenlernen aufzubürden (wie ritterlich), dann hättest du dir vielleicht auch lieber die Nachricht am Sonntag geklemmt. Die hörte sich nämlich ganz nach dem Gegenteil an.

Als würdest du es eben doch in Erwägung ziehen, mich daten zu wollen.

Vielleicht war das nur Höflichkeit für dich? Dann würde ich sagen, tu das bitte in Zukunft nicht mehr. Ich finde das furchtbar – dann lieber einfach gar nichts sagen. Dann hätten wir uns das ganze Theater jetzt sparen können.

Und ich weiß natürlich nicht, was jetzt stimmt. Entweder er war doch recht angetan (so wie es sich am Sonntag anfühlte) und wollte nur dringend von mir hören, dass ich das auch war – oder er war es nicht und hat sich im Laufe der Woche entschieden, dass es das auch nicht wert ist.

Ich sage ihm nochmal, dass es sich ja jetzt ganz anders anhöre – und er anscheinend nicht wirklich Interesse hatte. Dass mich das darin bestätigt, mich nicht von selbst zu melden, weil ich mir ja offensichtlich einen Korb geholt habe damit. Dass ich es dumm finde, diesen berühmten Funken zu erwarten und die Leute vom wann melden-, nicht melden etc. eben unterschiedliche Vorstellungen haben.

Mit dem Rumgetexte hätten wir uns wohl gegenseitig jetzt viel schlechte Laune bereitet. Das täte ihm leid, sagt er. Er hätte keine meiner frustrierenden Dating-Erfahrungen sein wollen und hätte besser aufpassen müssen, aber das Kind sei inzwischen in den Brunnen gefallen. Er wünscht mir alles Gute und so.

Erneut macht das alles ziemlich wenig Sinn für mich.

Oder wie meine Freundin meinte: „Das ist ja sowas von Panne. Dinge brauchen halt Zeit, verdammt. Und wenn es noch so sehr funkt, dann muss man sich trotzdem kennenlernen und dann sind die Funken vielleicht verglüht. Was ist denn das für eine komische Vorstellung? Und was dir zuzumuten ist, hat der gar nicht zu entscheiden. Kannst ihm schöne Grüße von mir ausrichten, er labert dummes Zeug.“

Oder eine andere Freundin, die sagte: Vergiss es, da geht es weder um dich, noch um ihn – der will nur Bestätigung – und dass du jetzt was über ihn schreibst. Mach das bloß nicht.

Well, hiermit hab‘ ich es dann doch getan.

Alles Gute und so.

5 Antworten zu „Missverständnisse auf der Meta-Ebene”.

  1. Z.B. Entfolgen, weil der Bericht noch nicht fertig ist.
    Und dann ist der Blog ein Problem, obwohl er das ja vorher wusste mit dem Blog. Halleluja.

  2. Avatar von Ben Froehlich
    Ben Froehlich

    Hm…manchmal, wenn ich diese Dating-Einträge lese und diese hier ist mal wieder so einer davon, da wundere ich mich, warum das manchmal so enorm kompliziert ablaufen muss. Ob da ein wenig das Drama gesucht wird oder was es ist. Ich verstehe nicht ganz, warum man nicht einfach seinen Wünschen folgen kann und sich meldet, wenn man sich melden möchte oder gar anruft, wenn man telefonieren und etwas klären möchte. Warum braucht es da eine Woche voller ich-schreibe-nicht-weil-sonst-verloren. Mich würde das einfach nur frustrieren und fertig machen.

    1. Das stimmt natürlich. Frustriert mich auch. Gleichzeitig kann ich mich offensichtlich nicht ganz davon freimachen. Es ärgert mich auch etwas, dass ich da sehr von der sehr althergebrachten Schule meines Ex geprägt bin, der stolze 22 Jahre älter war als ich. Von wegen, NIEMALS als Frau zuerst schreiben und einfach quasi nichts machen, sonst bist du für einen Mann immer uninteressant. Der war schon immer scheiße, als wir noch zusammen waren, egal was los war, ich hab für ihn immer zu viel verlangt. Also nichts durfte von mir ausgehen.
      Das ist das eine – da glauben ja auch die meisten Frauen dran und als Geschlechterklischee ärgert es mich.
      Gleichzeitig hat es für mich mit meinen Komplexen zu tun, dass ich denke, wenn ich mich von selbst melde, dann würden viele Männer das „so mitnehmen“, obwohl sie selbst halt eigentlich keinen Bock hätten.
      Wenn ich es also selbst einstielen muss, hat es für mich wenig bis gar keinen Sinn.
      Deswegen will ich ja in erster Linie jemanden, der auf mich zukommt und sagt, Hey, ich find dich gut, lass das machen – weil ich das nie hatte.
      Und am Ende ist es trotzdem alles total behindert und schade, weil ich dachte, dass wir uns gut verstanden hatten.

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