Zugegeben, ich habe zuletzt wieder ein wenig den Kopf in den Sand gesteckt. Ich bin geimpft – yea! Und ich bin den Narzissten los – auch yea! Aber was ist die Konsequenz daraus? Wieder mit dem Daten anfangen. Weniger yea.
Wobei, ich muss sagen, ich hab mich zuletzt auf drei erste Dates getroffen. Eins war schlecht, eins war gut und eins war – ehm, ja, nicht gut, aber leider auch nicht lustig. Nicht im Sinne von – der Herr hatte keinen Humor, sondern mehr wie: Ohgott, das ist ja furchtbar. Es war sozusagen traurig.

Auch deswegen tat ich mir etwas schwer damit, das aufzuschreiben. Vielleicht auch in erster Linie, weil ich in dieser Sache vor mir selbst überhaupt nicht gut wegkomme. Und vor euch, geneigte Leser, vielleicht auch nicht.
Nun, er schien normal und nett und das Hin- und Her-Geschreibe war ok. Nicht bahnbrechend und atemberaubend, aber eben genau das: Nett und normal.
In seinem Profil stand, sein aktuelles Ziel sei, an seinem Stottern zu arbeiten. Kann ja vorkommen, dachte ich – nicht jeder kann mit Fremden sprechen oder oder, vielleicht ist er schüchtern. Soll’s ja geben. Kenne jetzt keinen Erwachsenen, der Probleme mit Stottern hat, aber eine mittelmäßige Begabung für soziale Interaktion ist mir jetzt nicht unsympathisch.
Das gebrannte Kind, das ich allerdings auch bin, ahnte da einen versteckten Hinweis. Und er wies auch nochmal darauf hin, beim Schreiben, dass er ja doch stottere. Ok, dann scheint es nicht nur manchmal aufzufallen, denke ich und sinniere vor mich hin, ob ich damit leben könnte.
Denn was will ich bei einem Partner? Optik ist verhandelbar (jaja, die Ironie ob meiner eigenen Komplexe ist mir bewusst).
Weniger verhandelbar ist ein gewisses Maß an effizient genutzter Brainpower.
Honestly, was soll ich mit jemandem, der meinen Humor nicht checkt, zum Beispiel?
Aber wenn jemand die Brainpower hat, aber seine Gedanken nicht gut kommunizieren kann, was dann?
Das ist dann wieder eine ganz andere Frage. Spannend auch.
Am Ende hab ich den Herrn getroffen und er konnte seine Gedanken kommunizieren. Wahrscheinlich war mit seiner Brainpower sehr viel mehr her als mit meiner Geduld. Ich hab mein Bestes gegeben, nichts zu sagen, also seine Wörter nicht zu vollenden und zu nicken und zu warten, während er Antworten formulierte.
Aber meine Herren, ich fand’s anstrengend. Ich bin mir sicher, dass wir in der Grundschule mal Kinder hatten, die gestottert haben. DAS allerdings, das habe ich so noch nie gesehen. Es dauerte wirklich für die meisten Silben sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr….ihr wisst schon…lange.
Und das sage ich nicht, um mich darüber lustig zu machen. Der Herr war keineswegs hässlich und auch nicht dumm und wahrscheinlich auch nett.
Wir hätten uns wahrscheinlich ganz gut verstanden. Hätten wir besser miteinander reden können.
Oder hätte ich eben mehr Geduld gehabt? Ich muss gestehen, ich weiß, er kann nichts dafür und es hat nichts mit ihm als Person oder seiner Intelligenz zu tun, aber attraktiv ist es nicht.
So, jetzt hab ich’s gesagt.
Hab ich’s aber ihm gesagt? Natürlich nicht. Das Gespräch fand sein natürliches Ende am späteren Abend, wir gingen noch ein Stück – er sagte, er würde sich gern nochmal treffen und er könne etwas besser reden, wenn er jemanden nicht zum ersten Mal treffe.
Ich weiß nicht, ob ich gezögert habe, weil „ja, würde mich auch gern nochmal treffen“ – wäre eine Lüge gewesen und ich bin am Ende wie der Teufel – nicht perfekt, aber ich lüge nicht.
Also sage ich sowas wie „Ja, machen wir“ – aber ich glaube, meinen nicht vorhandenen Enthusiasmus sieht man mir wahrscheinlich an. Das war die neutralste Antwort, die mir auf die Schnelle einfiel – wie war das noch gleich mit der Brainpower?
Nichtsdestotrotz: Er meldet sich an dem Abend noch, ich schreibe am nächsten Tag zurück. Wir schreiben noch ein paar Mal hin und her. Ich antworte, aber meist eher mit etwas Verspätung. Einen konkreten Vorschlag zum Treffen macht er nicht. Ich auch nicht natürlich, das mache ich selbst dann nicht, wenn ich mich wieder treffen will. Ich hätte ihn nochmal getroffen und geschaut, ob es besser wird, wenn er einen Vorschlag gemacht hätte. Aber es verläuft sich so in der Düne. Seine letzte Nachricht ist keine Frage, ich vergesse die Antwort – das war’s dann.
Hatte ich einen schlechten Abend mit ihm? Nein, kann ich so auch nicht sagen. Ich wäre gern ein besserer, geduldigerer Mensch, für den dieses Problem kein Problem ist. Bin ich aber nicht.
Ich möchte mit jemandem beim Reden diesen viel besagten Schlagabtausch haben können, ohne mir noch mal eben die Zähne putzen zu können, bevor der Satz zu Ende gesagt wurde.
Hier, da ist sie, die Wahrheit. Fies, gemein – aber eben genau das, die Wahrheit.
Und der unbedingte Wille zur Wahrheit war laut meinem keineswegs so wahrheitsliebenden Ex –
schon immer einer meiner größten Fehler.
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